EU-Wahl: Wählerwanderung / Influencer

Wenn Internet „Neuland“ ist und man keine Ahnung von sozialen Medien hat und ein Wahl-Analyse-Team hat, dass auf allen Augen, die nicht grün sind, blind ist, ja dann kann man die Rolle von Influencern völlig überbewerten.

Die CDU-Spitze gibt der Jungen Union und der Werte-Union die Schuld, sie hätte wegen ihres Rechtsrucks Wähler verschreckt. Annegret Kramp-Karrenbauer gibt den Youtubern die Schuld und möchte diese vor Wahlen regulieren.

Keiner kommt auf den Gedanken, dass das monatelange Hypen von Greta und ihren Fridays-for-Future-Kids, das Lob von Merkel, Kirchen, Schulleitern an die Kids und die vielen Talkshows mit ihnen Schuld sein könnten.

Wie wäre die Wahl ausgefallen, wenn die vierte und fünfte Macht (Medien und Lobbyisten) realistisch all das untersucht hätten, was hier im Lande schief läuft?

Wenn ich Kritik sah, dann war diese hinter Bezahlschranken gut versteckt. Wie z.B. das Interview mit Prof. Reitzel in der WELT+.  Er moniert zu Recht die Dinge, die hier schief laufen: Bildung, Steuern, E-Auto, EEG, uvm. Seine Forderungen kann ich zu 100% unterstützen. So ein Experte müsste in die Talkshows. Diese sind aber seit Jahren 4:1 besetzt. Vier Leute stützen „grüne Thesen“, einer behauptet das Gegenteil.

Dann muss man sich nicht wundern, wenn die Leute das Original wählen statt die Kopie.

Jan Fleischhauer hat es mal wieder auf den Punkt gebracht:

Die bedeutendste Wählergruppe in Deutschland sind Frauen über 60. Von ihnen gibt es schlicht am meisten, nämlich 12 Millionen. Hier entscheidet sich das Schicksal der Volksparteien, nicht bei Menschen, die sich noch überlegen, ob sie Jura oder doch lieber irgendwas mit Kommunikation studieren sollen.

Warum die Grünen am Sonntag abgeräumt haben? Ganz einfach: Weil es ihnen gelungen ist, viele Deutsche über 60 von sich zu überzeugen. Hier liegt der Schlüssel ihres Erfolges, nicht bei der Strahlkraft auf die Erstwähler. Dass auch die deutsche Großmutter ihr Herz für Robert Habeck und seine Mitstreiter entdeckt hat, hängt aber wohl deutlich mehr mit der Dauerpräsenz der Grünen in deutschen Talkshows zusammen als mit der geballten Macht der Influencer, die zur Wahl der Klimawandelpartei aufriefen.

Die groteske Überschätzung des Influencers – SPON vom 30.05.2019

Schaut man sich die Wählerwanderung mittels Tagesschau einmal genauer an, dann sieht man, dass die Nichtwähler am erfolgreichsten waren. Dann löst sich auch der „kleine Wahlgewinner“ der FDP in Luft auf. Sie konnte nur noch 25% ihrer Wähler überzeugen. Das ist das allerschlechteste Wiederwahl-Ergebnis im Vergleich zur Bundestagswahl von allen Parteien, gefolgt von den Linken und der SPD.

Im Gegensatz dazu hatte sich die CDU sogar noch wacker geschlagen. Nach den Grünen hat sie die meisten Wähler überzeugen können, sie wieder zu wählen und auch die wenigsten Abwanderungen zum Nichtwähler-Lager.

tagesschau-waehlerwanderung
Quelle: Tagesschau vom 27.05.2019

Von 15.300.000 Bundestag-2017-Wählern der Union wählten:

  • 55 % Union
  • 20 % gar nicht
  • 8 % die Grünen
  • waren 3 % verstorben

Von 9.550.000 Bundestag-2017-Wählern der SPD wählten:

  • 42 % SPD
  • 26 % gar nicht
  • 18 % die Grünen und
  • waren 3 % verstorben

Von 5.860.000 Bundestag-2017-Wählern der AfD wählten:

  • 48 % AfD
  • 38 % gar nicht
  • 2 % die Grünen und
  • waren 2 % verstorben

Von 4.990.000 Bundestag-2017-Wählern der FDP wählten:

  • 25 % FDP
  • 34 % gar nicht
  • 10 % die Grünen und
  • waren 2 % verstorben

Von 4.310.000 Bundestag-2017-Wählern der Linken wählten

  • 32 % Linke
  • 26 % gar nicht
  • 16 % die Grünen und
  • waren 2 % verstorben

Von 4.170.000 Bundestag-2017-Wählern der Grünen wählten

  • 62 % Grüne
  • 15 % gar nicht
  • 9 %  die Anderen und
  • waren 2 % verstorben

Von 15.160.000 Bundestag-2017-Nichtwählern wählten

  • 78 % gar nicht
  • 5 % die CDU
  • 5 % die Grünen und
  • waren 2 % verstorben

Von 1.230.000 Bundestag-2017-Neuwählern wählten

  • 49 % gar nicht
  • 20 % die Grünen

Ja, auch Zahlen und Umfragen können lügen. Aber die hier sehen ziemlich realistisch aus. Den beiden Volksparteien sterben mehr Wähler weg als den anderen. SPD und Linke haben die meisten grünen Wechselwähler. Die Grünen haben die meisten Stammwähler. Und wer dort wechselte, wählte eher eine Kleinpartei (Die Partei?) als eine der Bundestags-Parteien.

Aber am erfolgreichsten waren – wie immer – die Nichtwähler, nicht nur in der Masse, sondern auch in der Stetigkeit: einmal Nichtwähler = fast immer Nichtwähler.

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