Abmahn-Abzocke mit CLP-Verordnung

Wer sich wundert, warum unsere Produkte jetzt so merkwürdig im Online-Shop aussehen, der darf die EU dafür verantwortlich machen.

Eingeführt wurde die Verordnung zunächst nur für Biozidprodukte (Gefahrenklasse 2 bis 5) um Endverbraucher über Gefahren zu informieren. Doch mittlerweile fällt auch die Gefahrenklasse 1 darunter, wozu Munition, Zündhütchen und Pulver gehören, dazu. Gleiches gilt für Farben, Lacken, Klebstoffen, Reinigungsmitteln und Sprays, die gefährliche Stoffe oder Gemische beinhalten, d.h. auch jedes Aerosol-Spray.

Und daher sehen unsere Artikel jetzt so aus:

clp

Die Kennzeichnung bei Inverkehrbringen gemäß der CLP-Verordnung ist seit dem 1. Juni 2015 sowohl für gefährliche Stoffe als auch für gefährliche Gemische verbindlich.

Gemäß Artikel 48 Abs. 1 CLP-Verordnung hat jegliche Werbung für einen als gefährlich eingestuften Stoff unter Angabe

  • der betreffenden Gefahrenklassen oder
  • Gefahrenkategorien (zum Beispiel akute orale Toxizität, Kategorie 3)

zu erfolgen.

Daher dürfen wir  Munition nur noch verkaufen, wenn auf diese Gefahren auf der Verpackung und auch in der Online-Werbung hingewiesen wird.

Ihr habt euch sicherlich schon über die „Leporellos“ gewundert, die auf alten Munitionsverpackungen geklebt sind, wo der Gefahrenhinweis noch fehlte.

Und damit es uns nicht so ergeht, wie Anbietern von Feuerzeugen, die abgemahnt wurden, weil die Kennzeichnung im Online-Shop fehlt, haben wir sofort reagiert, auch wenn jeder Käufer weiß, dass Munition explosiv ist und Aerosol-Sprays explodieren können und man Chemikalien nicht in der Toilette entsorgt.

Fazit:

Wir werden mit Gefahrgutsymbolen im Web so erschlagen werden, dass wir sie gar nicht mehr beachten werden (wie auch die Schockbilder auf den Tabakprodukten). Und natürlich ist das Gesetz bestens geeignet, die Abmahner zu bereichern.

16 Gedanken zu “Abmahn-Abzocke mit CLP-Verordnung

  1. Putzig. Man muss auf Gefahrstoffe hinweisen, die man ohne eine aufwändig zu erlangende Erlaubnis eh nicht erwerben darf und ergo über die Gefährlichkeit Bescheid weiß.
    Wahrscheinlich müssen Munitionshersteller nächstes Jahr auf die Packungen folgenden Warnhinweis anbringen:
    „Achtung! Die Benutzung dieses Produtes kann im Moment der Benutzung zur Erhöhung der Welttemperatur um 0,000000000000000000000000000000000000000000000000000000000000000000000000000001 Grad führen.“

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  2. Die Regelung an sich ist bereits seit 2008 bekannt und muss ab 2015 angewendet werden. Der Handel durfte Altbestände bis 1.7.2017 abverlaufen. Also, die Regelung kam etwa so überraschend wie Weihnachten uns es gab Zeit genug für.den Handel um zu reagieren. Außerdem gibt es gute Gründe für die Regel. Um Ausnahmen, wie ich sie für Treibladungsmittel für sinnvoll halte, hätte sich der Handel, bzw. die Hersteller kümmern können. Nach dem Ende der großzügigen Abverkaufsregel mit dem Jammern anfangen löst weder das Problem noch stellt es die Akteure in ein zu respektierendes Licht sondern eher in einen uninteressanten Schatten.

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    • Es geht darum, dass in der Verordnung drin steht, dass man ONLINE auf die Gefahren hinweisen müsse. Auch auf Gefahren, die hinlänglich bekannt sind. Munition darf nur per Gefahrguttransport versandt werden. Das ist es doppelmoppel, wenn man nur wegen des fehlenden Symbols abgemahnt wird.

      Und Spraydosen stehen unter Druck – das ist jedem bekannt.

      Zudem sind unsere Verbände anscheinend auch überfordert. Natürlich wurden wir auf die CLP-Verordnung in Bezug auf den ABVERKAUF hingewiesen. Aber niemand hatte uns auf die Online-Werbung hingewiesen. Weder der IHK-Zwangsverband, noch die Handwerkskammer, noch der Händlerverband.

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  3. Doppelmoral wegen einer Abmahnung? Nein! Wenn sich ein Händler nicht an die Spielregeln hält die für alle gelten und dadurch einen Vorteil erlangt, hat ein Konkurrent alles Recht der Welt diesen Missstand beseitigen zu wollen. In anderen Rechtsordnungen macht man das sofort per Gericht, in Deutschland kann vorher abgemahnt werden, statt direkt zu klagen. Das spart dem Abgemahnten übrigens schnell einige tausend Euro. Desweiteren ist das Mittel der Abmahnung eine Möglichkeit der Selbstkontrolle der Wirtschaft, die ansonsten von Behörden durchgeführt werden müssten.

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  4. Im gleiche Zusammenhang sollte auch die RoHS-Richtlinie beachtet werden.

    https://de.wikipedia.org/wiki/RoHS-Richtlinien

    Die Zielsetzung der Richtlinien ist, problematische Bestandteile aus dem Elektronikschrott zu verbannen. Dazu gehört unter anderem, verbleite Verlötungen elektronischer Bauteile durch unverbleite Lötungen zu ersetzen, umweltschädigende Flammhemmer in Kabelisolationen zu verbieten, sowie die Einführung entsprechender möglichst gleichwertiger Ersatzprodukte zu fördern. Des Weiteren müssen auch die verwendeten elektrischen Bauelemente und Komponenten selbst frei von den problematischen Stoffen sein.

    Beispielsweise Entfernungsmesser, Nachtsichtgeräte, Geschossgeschwindigkeits-Messgeräte, Pulverwaagen, Tumbler, …

    Unternehmen, die entsprechende Geräte importieren oder innerhalb der EU vertreiben, sind durch die Richtlinien direkt betroffen, da sie verpflichtet sind, auf die Einhaltung der Vorschriften zu achten.

    Anwälte bestimmter politischer Couleur sind hellwach.

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    • Ich habe im Radio gehört, dass alle lokalen Geschäfte, die mehr als 400 qm Verkaufsfläche haben, sowie Online-Händler, deren Lagerregalkapazitäten diesen Verkaufsflächen entsprechen, verpflichtet sind, diese Abfallprodukte zurückzunehmen – auch wenn sie diese gar nicht verkauft haben.

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  5. Unsere Gesetzgebung wird langsam so unmöglich und warum, weil überall in unserer Republik Sesselfurzer rumsitzen die sonst keine Arbeit hätten .

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  6. Das ist schon etwas komplexer und der Spruch mit dem Sesselfurzer zeigt lediglich, dass es an der inhaltlichen Auseinandersetzung fehlt. Mit „Sesselfurzer“ erreicht man niemanden, verbaut sich die Möglichkeit gehört und dabei ernstgenommen zu werden und vergibt die Cance andere zum Umdenken anzuregen.

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    • Ignoranz real existierender Rechtsregeln ? und dass ausgerechnet bei Geschäftstätigen, welche einer rechtlichen Zuverlässigkeit bedürfen? In ein bis zwei Jahren gehört der Munitionshandel wahrscheinlich ausschließlich „den Großen“, wer pennt den bestraft halt das Leben. Lernen durch Schmerz!
      Die jetzt eintretende, längst erwartete „Händler-Selbstbereinigung“ wurde (von mir) schon zu Zeiten eines Herrn Fuchs (VDB) prognostiziert.(Nürnberg). Herr Fuchs ist in Rente und viele Händler sind es wohl auch bald!! Wenn Ordnungsämter erst dahinter kommen, daß man die u.a. die „CLP Ignoranz“ als Straftatsdelikt nach dem 2.UKG, §328 StGB „Unerlaubter Umgang mit gefährlichen Gütern und Stoffen“ ahnden kann…………………….! Liebe betroffene Händler, pennt ruhig weiter und hofft wie immer, daß „der Kelch“ an euch vorübergehen möge. Die Zeche zahlen vor allem die Abnehmer der Munition, eure Kunden. Der Schießsport wird bald nur noch für finanziell Unabhängige möglich sein. IHR VERBOCKTS, hört endlich auf zu jammern, tut etwas oder macht Platz für diejenigen, welche das Geschäft halt ordentlich leisten können.
      G.H.

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  7. Man koennte das „Problem“ eleganter loesen: Kleine Symbole unter der Beschreibung zum Beispiel.
    Und der Betrieb eines Webshops ist nun mal nicht eben nebenbei gemacht – immerhin ist er weltweit erreichbar und unterliegt somit auch der Aufmerksamkeit von Leuten, die nicht dem direkten „Kunden-Umfeld“ zuzurechnen sind. Die Grundproblematik der Abzocke durch Abmahner ist meiner Ansicht nach eine andere: Es gibt berechtigte Abmahnungen und das _Geschaeftsmodell Abmahnung_. Konkurrenten missbrauchen das Abmahnmodell usw. Diese Diskussion moechte ich an dieser Stelle nicht fuehren.

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    • Es ist aber nicht ersichtlich, warum erwerbspflichtige Artikel für Webseitenbesucher kenntlich gemacht werden müssen. Verschreibungspflichtige Arzneimittel sind ja auch ausgeschlossen. Ich kann die Auflage für Platzpatronen noch verstehen, aber nicht für EWB-Munition.

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  8. Der betreffende Artikel 48 Absatz 2 der CLP-Verordnung besagt, dass vor Abschluss eines Kaufvertrages die auf dem Kennzeichnungsetikett eines als gefährlich eingestuften Gemisches genannten Gefahreneigenschaften zu nennen sind. In der CLP-Verordnung ist jedoch der Begriff „Gefahreneigenschaften“ unter Artikel 2 Begriffsbestimmungen nicht definiert; es ist also ein sog. unbestimmter Rechtsbegriff. Ob somit Gefahrenhinweise (H-Sätze), Gefahrenpiktogramme und ergänzende Gefahrenmerkmale oder gar die Sicherheitshinweise (P-Sätze) zu nennen sind, ist gerichtlich noch nicht entschieden, auch die Behörden eiern da rum:

    http://www.reach-clp-biozid-helpdesk.de/de/FAQ/C-D/CLP-Gefahrenkommunikation/Gefahrenkommunikation-03%200374.html

    Darüber hinaus stellt sich die Frage, ob Munition chemikalienrechtlich gesehen überhaupt ein gefährliches Gemisch oder ein Erzeugnis ist. Für Erzeugnisse gelten die Kennzeichnungsvorschriften nämlich nicht!

    Also nicht gleich auf jede billige Abmahnmasche reinfallen…

    Ansonsten wüsste ich nicht, warum es schaden sollte, gefährliche Eigenschaften eines Produktes zu nennen!

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