Ein Plädoyer für den Mindestlohn von einem Zillionär

Im Moment wird der Offene Brief von Nick Hanauer  in den sozialen Netzen geteilt und stößt dort auf viel Anerkennung.

Ich persönlich bin gegen einen staatlich verordneten Mindestlohn. Das setzt aber voraus, dass es auch keine Arbeitsplatzsubventionen bei Firmen gibt, die hoch bezahlte Vorstände haben und massige Gewinne einfahren, weil sie unterbezahlte Leiharbeiter oder Aufstocker beschäftigen oder ihre Ansiedelungen bezuschusst werden.

Wenn ein Kioskbesitzer selber gerade mal auf 10 Euro Stundenlohn kommt, kann er seinem Angestellten nicht 9,50 zahlen. Anders sieht es aus, wenn Vorstände im Jahr sechs- bis siebenstellige Bezüge erhalten. Das Verhältnis der Bezüge von Arbeitgeber (Risiko) und Arbeitnehmer sollte ausschlaggebend für die Entlohnung sein.

Wo bleiben die Betriebsräte und Gewerkschaften? Diese hätten eigentlich solche Zustände verhindern müssen. Stattdessen küngeln sie mit den Arbeitgebern und akzeptieren seit Jahren das Missverhältnis zwischen Vorstandsbezügen und Entlohnung der Arbeitnehmer.

Nick Hanauer ist ein Etatist. Er sieht Ungerechtigkeit und Gefahren und glaubt, der Staat könne diese lösen, z.B. mit Mindestlöhnen oder Gun Control. Er hat mit der Beschreibung der Zustände Recht, nur nicht mit dem Mittel zur Lösung: Mindestlöhne und Gun Control beseitigen nicht die Armut und Waffenkriminalität. Seine Millionenspenden an die Bloomberg-Gruppe sind für die Katz.

Auszüge aus dem Offener Brief von Nick Hanauer (Seattle, US) an seine „Fellow Zillionaires

Während Menschen wie Sie und ich über die Träume aller Plutokraten in der Geschichte hinweg prosperieren, lassen wir 99,99 Prozent des Landes weit hinter uns. Diese Kluft zwischen den Besitzenden und Besitzlosen wird immer schlimmer  – und zwar sehr, sehr schnell

Im Jahr 1980 kontrollierten die obersten 1 Prozent etwa 8 Prozent des US-Nationaleinkommens. Die unteren 50 Prozent teilten sich rund 18 Prozent. Heute besitzen die oberesten 1 Prozent ca. 20 Prozent und die unteren 50 Prozent nur noch 12 Prozent.

Unser Land wird zunehmend weniger eine kapitalistische Gesellschaft und mehr zu einem feudalen Gesellschaft. Wenn unsere Politik sich nicht drastisch ändert, wird die Mittelschicht verschwinden und wir landen beim Zustand des späten 18. Jahrhunderts in Frankreich. Vor der Revolution.

Wenn wir nichts tun, um diese eklatanten Ungerechtigkeiten in dieser Wirtschaft zu beheben, werden die Heugabeln (Referenz zum Bauernaufstand) auf uns zukommen. …Tatsächlich gibt es kein einziges Beispiel in der Geschichte der Menschheit, wo solch ein Reichtum angesammelt werden konnte ohne Widerstand.(Das führt unweigerlich zu) einem Polizeistaat. Oder einen Aufstand. Es gibt keine Gegenbeispiele. Keine. Es geht nicht darum, ob Widerstand kommt, sondern wann.

Als Beispiel für uns reichen Jungs soll Henry Ford dienen. Der erkannte, dass alle seine Automobilarbeiter in Michigan nicht nur als billige Arbeitskräfte ausgebeutet werden können; sie waren auch Verbraucher. Ford dachte, wenn er ihre Löhne kräftig anhob, wären sie in der Lage, sich selber ein Modell T zu leisten.

Was für eine großartige Idee. Mein Vorschlag an Sie: Lasst es uns alle das wiederholen. Wir müssen etwas versuchen. Diese idiotische Trickle-down-Theorie zerstört meine Kundenbasis. Und auch die Ihrige.

Das Grundgesetz des Kapitalismus muss lauten: Wenn die Arbeiter mehr Geld haben, haben die Unternehmen mehr Kunden. Die Mittelschicht stellt den Verbraucher dar, nicht wir reichen Geschäftsleute, die Arbeitsplätze schaffen. Das bedeutet, eine blühende Mittelklasse ist die Quelle des amerikanischen Wohlstands, nicht eine Folge davon. Die Mittelschicht macht uns reich, nicht umgekehrt.

Während der letzten drei Jahrzehnte, wuchsen die Einkommen der CEOs (Vorstandsmitglieder) 127-mal schneller als die Bezüge der Arbeitnehmer. Seit 1950 hat sich das Verhältnis CEO:Arbeitnehmer um 1.000 Prozent erhöht, und das ist kein Tippfehler. Früher verdienten CEOs ca. das  30-fache des mittleren Lohns, jetzt scheffeln sie 500 mal so viel. Doch kein Unternehmen, das ich kenne, hat seine Führungskräften beseitigt oder nach China ausgelagert oder ihre Arbeitsplätze automatisiert. Statt dessen haben wir jetzt mehr CEOs und Führungskräfte als je zuvor. Das gleiche gilt für Angestellte in den Branchen für Finanzdienstleistungen und Technologie. Diese Leute verdienen ein Vielfaches des Durchschnittseinkommens, und wir haben irgendwie immer mehr von ihnen.

Die Sache mit uns Geschäftsleute ist, dass wir es lieben, wenn unsere Kunden reich und unsere Mitarbeiter arm sind. Solange wir den Kapitalismus haben, sagen die Kapitalisten das Gleiche bei jedem Versuch, die Löhne zu erhöhen: Wir werden alle in Konkurs gehen. Ich muss schließen. Ich muss alle entlassen. Das ist jedoch nicht geschehen. Tatsächlich zeigen die Daten, dass, wenn Arbeiter besser behandelt werden, das Geschäft immer besser wird. Die Neinsager liegen somit falsch.

Die meisten von Ihnen denken wahrscheinlich, dass die Einführung eines 15 $ Mindestlohn in Seattle eine wahnsinnige Abkehr von vernünftiger Politik sei, die unsere Wirtschaft in große Gefahr bringt. In Seattle liegt der aktuelle Mindestlohn fast 30 Prozent über dem nationalen Mindestlohn. Und hat sich unsere Wirtschaft ruiniert? Nun, Trickle-Downer, schaut auf diese Daten: Die beiden Städte in der Nation mit der höchsten Rate des Beschäftigungswachstums von kleinen Unternehmen sind San Francisco und Seattle. Und welche Städte haben die höchste Mindestlöhne? San Francisco und Seattle. Welches ist die am schnellsten wachsende Großstadt in Amerika? Seattle.

Das macht Sinn, wenn man darüber nachdenkt: Wenn ein Arbeiter den nationalen Mindestlohn von $ 7,25 pro Stunde verdient, was glauben Sie, wird davon in den Kassen der lokalen Kleinunternehmen landen? Kaum etwas. Diese Person wird ihre Miete zu zahlen, Lebensmittel kaufen und wenn sie Glück hat, eine Monatskarte für den Bus. Aber sie wird nicht ausgehen, um in Restaurants zu essen.  Sie kauft keine neue Kleidung oder Blumen zum Muttertag.

Wal-Mart ist der größte Arbeitgeber mit rund 1,4 Millionen Beschäftigten in den Vereinigten Staaten und mehr als 25 Milliarden US-Dollar vor Steuern. Warum sind Wal-Mart-Mitarbeiter die größte Gruppe der Medicaid Empfänger? (Anm: staatliche Unterstützung)

Wir reichen Leute wurden fälschlicherweise durch unsere Ausbildung und durch die Bekräftigung der Gesellschaft überredet und überzeugt, dass wir die wichtigsten Arbeitsplätze schaffen. Das ist einfach nicht wahr. Es kann nie genug superreiche Amerikaner geben, um eine hohe Wirtschaftlichkeit zu erschaffen. Ich verdiene etwa 1000 Mal das durchschnittliche Jahreseinkommen, aber ich kaufe nicht tausende Male mehr Zeugs, weder Autos, noch Klamotten.

Liebe 1%, viele unserer Mitbürger beginnen zu glauben, dass der Kapitalismus selbst das Problem ist. Damit bin ich nicht einverstanden, und ich bin sicher, Sie auch nicht. Der Kapitalismus, wenn er gut geführt ist, ist die größte soziale Technologie, die je erfunden wurde, um den Wohlstand in der menschlichen Gesellschaft zu schaffen. Aber der Kapitalismus, dem nicht gegengesteuert wird, tendiert zu Konzentration und Kollaps. (..) Deshalb funktionieren Investitionen beim Mittelstand, aber Steuererleichterungen für uns reiche Leute nicht.

Weiterlesen: The Pitchforks Are Coming… For Us Plutocrats

6 Gedanken zu “Ein Plädoyer für den Mindestlohn von einem Zillionär

  1. Sofern es Fakt in Deutschland ist das ein ein-Euro Jobber 1 Euro/Stunde verdient und es Fußballer gibt die 6000 Euro/Stunde verdienen isst das Gerede und Getue um Mindestlohn bestenfalls der Tropfen auf das Pulverfaß

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    • Warum gibt es 1 Euro-Jobber?

      Weil der Staat a) Arbeit zu hoch belastet, b) 1 Euro-Jobs geschaffen hat (kein Wirtschafter käme auf solch einen Gedanken) und c) der Staat seine Wohltaten mit Kontrollen versieht und die Leistungen kürzt, wenn der Arbeitslose nicht bereit ist, einen 6 Euro Job anzunehmen.

      Würde der Staat die Arbeit nicht so hoch mit Steuern und Abgaben belasten, gäbe es mehr Arbeit in der Wirtschaft – und weniger Beamte und Angestellte im öffentlichen Dienst, die die Leute knechten, die eigentlich nur arbeiten wollen….

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      • Man sollte die Ursache für ein Übel weniger bei einem Staat suchen sondern mehr bei Menschen die Jahr und Jahr wieder und wieder etwas gewählt haben was wieder und wieder die falschen Entscheidungen trifft. Deutschland hat scheinbar das Talent über mehr als 150 Jahre hinweg wieder und wieder die falsche Politik zu wählen.

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  2. Wie wäre es wenn ihr mal Grundsätzlich über das Problem nachdenken…..????

    Der Grund warum eine derart effektive Vermögensumverteilung stattfindet ……ist das Papiergeldexperiment welches seit 150 Jahren stattfindet.
    Und das intensiviert sich seit einigen Jahren extrem,
    ……denn die Nationalbanken erzeugen Geld mit der Druckerpresse, wie es so schön heisst, denn in der Praxis ist es lediglich noch ein Vorgang in den EDV Systemen.

    In den USA wurde unter konspirativen Vorzeichen das „FED System“ ( Federal Reserve ) geschaffen, welches seit ihrem Aufleben 1913 ca. über 90% des Wertes vom Dollar vernichtete.

    Europa schuf die EZB und ist dabei ungeheure Mengen an Euros zu erzeugen.

    Eine der Folgen kann Inflation sein, jedoch ist diese nicht einem Ansteigen der Preise geschuldet, sondern einem Abwerten des Geldes. Man braucht für ein Produkt immer mehr ……in der Menge ……des wertloser werdenden Geldes. Das Produkt in anderen Wertmassstäben beurteilt, bleibt hingegen oft lange Zeit stabil im Preis / Wert.

    Wenn man es so betrachtet, frage ich mich ob diese Milliardäre in den USA wirklich reicher wurden, oder ob sie nur einfach mehr Geld nach Menge besitzen….??

    Real gesehen ist es aber so, die benutzen diese „Wertlosen“ farbigen Papierchen um sich handfeste Vermögenswerte anzuschaffen wie Gold, Silber, Land, Firmen, Aktien usw. so lange man noch einen findet der diese Papierfetzen dafür nimmt.

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    Ich wage mal zu behaupten, das eine Rückkehr zu einem Gold oder Bimetall-Standard diese Vermögens-Zuwachs-Schere wieder zuklappen liesse.
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    Wir müssen zu einer sauberen Geldpolitik und einer echten Währung zurückkehren.

    Nur dann wird sich daran etwas ändern.

    Aber, warum bloss ist das bei Linken kein wirkliches Thema…..??????

    ……………………Tja, leider wollen gerade auch unsere Linken das Problem nicht an der Wurzel anpacken, also das Staatliche-Papier-Falschgeld-System ändern, …..sie profitierten in ungeheurem Masse von diesem Papiergeld, denn ihr Wohlfahrtsstaat ist ohne das heutige System nicht mehr aufrecht zu erhalten.
    Es ist das Schneeballsystem welches sie benötigen um ihre leeren Versprechungen wahr werden zu lassen.

    Paradoxerweise ist es gerade der Sozialismus unserer Linken Parteien der diese Vermögens-Exzesse erst so richtig in fahrt brachte. Denn gerade die Euro-Rettung der EZB ist einer der Nährböden für derlei Finanzexzesse.
    Wir erleben nun jeden Tag wie diese „Sozialisten“ das Problem zu beheben gedenken, nämlich nicht durch eine Reale und wieder gedeckte Währung die nicht einfach multipliziert werden kann, …………..sondern sie wollen es den „Reichen“ einfach per Gesetzgeber wegnehmen.

    Das Resultat wird eben keine gesunde Gesellschaft mit gesunder Währung sein, sondern der Verlust der Freiheiten für jedermann, des Unternehmertums und des Wohlstandes einer tüchtigen Gesellschaft indem man den Tüchtigen ausraubt und das Falschgeldsystem weiterführt.

    Leider verstehen nur sehr wenige Bürger wie es funktioniert, es ist für sie ein Buch mit 7 Siegeln, und genau und nur darum, ist es immer noch vorhanden.

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  3. Hey Mann mit Israel Fahne………

    Ganz genau so ist es.

    Der Bürger ist immer auch Verantwortlich, nicht nur die von ihm Fahrlässig gewählte politische Kaste.
    Er muss sich aufraffen und bewusst Wählen, denn er wird in jedem Fall dafür haften müssen was seine Politiker mit dem Land anstellen.
    Nur eben, der Wissens und Bildungsstand ist leider in breiten Kreisen derart das man sie kaum noch als Bürger bezeichnen darf…………….

    Demokratie war im alten Griechenland etwas für 20% der Bevölkerung, man musste sich das Mitgestaltungsrecht erst verdienen …….was unsere Gesellschaften heute einfach jedem vor die Füsse legen ……………und es gerade von der Politik, derart gering geachtet wird.

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