EU-Umfrage: falsche Statistiken und suggestive Fragen

Frage1
Laut Cecilia Malmström, Chefin der DG Home Affairs, ist es Zeit für schärfere EU-Maßnahmen gegen Waffengewalt

Sie begründet dies damit, dass laut ihrer Eurobarometer-Umfrage sechs von zehn Europäern von einem Anstieg der schusswaffenbezogenen Kriminalität in den nächsten fünf Jahren ausgehen. Zudem sprechen sich insgesamt 55 % der Europäer für eine strengere Regulierung des Besitzes, Kaufs und Verkaufs von Schusswaffen aus.

Warum nimmt sie keinen Bezug zu ihrer EU-Umfrage, an der 85.673 Teilnehmer beteiligt waren, darunter 3464 Organisationen und 274 öffentliche Einrichtungen, die mehrheitliche keine Notwendigkeit darin sehen?

Liegt es daran, dass die erhofften Antworten nicht kamen?

Dabei hatte sich die Kommission doch so viel Mühe mit ihren suggestiven Fragen gegeben.

DJV und FWR monieren ebenfalls:

Falsche Zahlen und solch suggestive Umfragen können nicht Grundlage für ernsthafte Bemühungen um Fortschritte für die innere Sicherheit der EU‐Länder sein.

An der Umfrage nahmen Betroffene teil, die seit Jahren unter dem Druck der veröffentlichten Meinung stehen und sich daher bestens mit den polizeilichen Kriminalitätsstatistiken auskennen. Und deshalb wussten auch viele Teilnehmer, dass die Waffengewalt in Europa nicht zu-, sondern abnimmt.

Studien von Kriminalisten haben erkannt, dass die Deutschen für Deutschland trotz gegenteiliger Statistiken eine Zunahme der Verbrechenstätigkeit annehmen, obwohl sie für ihr (selbst erlebtes) Umfeld diese Zunahme ablehnen. “Nicht bei uns, aber anderswo in Deutschland ist es ganz schlimm”.

Fachleute nennen dieses Phänomen Kriminaltätsfurcht.

Der zweite periodische Sicherheitsbericht von 2006 beschäftigt sich intensiv mit der Kriminalitätsfurcht:

So ergab die 1998 zum dritten Mal durchgeführte Bochumer Opferbefragung,
dass der Anteil besonders schwerwiegender Delikte am Kriminalitätsaufkommen extrem stark überschätzt wird. Beispielsweise wurde der relative Anteil des Mordes an allen Delikten im Vergleich zu den tatsächlichen Verhältnissen um den Faktor 250 überschätzt, Raub um den Faktor 30 und gefährliche/schwere Körperverletzung um den Faktor 12. Befragte überschätzen somit nicht nur die Kriminalitätsentwicklung insgesamt, sie nehmen auch deren Struktur erheblich verzerrt wahr, was neben Medieneinflüssen auch darauf zurückgeführt werden kann, dass besonders schwerwiegende Straftaten für den Einzelnen bedeutsamer sind, somit entsprechende Informationen besser erinnert und auch in alltäglichen Interaktionen häufiger thematisiert werden.

Und genau aus diesem Grund ließ Frau Malmström im September eine telefonisches Interview mit 25.000 Teilnehmern durchführen. 95% der Teilnehmer besitzen keine Waffen und haben auch noch nie welche besessen. Sie kennen nicht die großen Beschränkungen, die u.a. mit den EU-Richtlinien von 1991, von 2008 und von 2012 verpflichtend sind. Kein Wunder, dass diese Leute nach neuen Beschränkungen verlangen und glauben, es gäbe ein Anstieg der Waffenkriminalität. Ihr Wissen stammt einzig und allein aus den Medien, nicht aus eigener Erfahrung oder selbst angeschafftem Wissen.

Das in den Antworten genehme Eurobarometer ist auf 70 Seiten dargestellt, hat 22 Seiten Zusammmenfassung und für jedes Land ein eigenens, grafisch aufgepepptes Faktenblatt mit den nationalen Antworten und wird von Fraum Malmström laufend erwähnt.

Die Auswertung der 85.000-Online-Umfrage kommt auf mageren 15 Seiten daher und man muss schon stark suchen, um die Datei zu finden, in der auch der Anhang mit den Zahlen zu finden ist. Denn auf ihrem Memo ist nur die Einleitung und das tolle Telefoninterview, welches dort auch intensiv ausgewertet wird,  verlinkt. In dieser Einleitung werden nicht die statistischen Ergebnisse hervorgehoben, sondern wie ein Rosinenpicker die genehmen zusätzlichen Antworten (es gab mehrere Textblöcke für die eigenen Meinung) herausgepflückt.

Beispiel 1:

A Belgian public authority, Belgian and Italian organisations as well as French, British and German citizens expressed strong criticisms against the sale over the internet of both firearms and ammunition.

Eine belgische Behörde, belgischen und italienischen Organisationen sowie französische, britische und deutschen Bürger äußerte starke Kritik gegen den Verkauf über das Internet von Schusswaffen und Munition.

Kein Wort verliert die EU-Kommission darüber, dass fast 3/4 der Teilnehmer, d.h. 64.194 Teilnehmer eine Beschränkung ablehnen:

internet

Beispiel 2:

Concerning ammunition, a member of the Spanish Guardia Civil called for further restrictions on the purchase of ammunition, and several British citizens criticised varying controls under national law on the purchase of rifle bullets as opposed to shotgun cartridges.

Bezüglich Munition, forderte ein Mitglied der spanischen Guardia Civil (Polizeibehörde) weitere Einschränkungen beim Kauf von Munition und mehrere britische Staatsbürger kritisierten, die unterschiedlichen Kontrollen im Rahmen des nationales Recht beim Kauf von Gewehrmunition im Verhältnis zu Schrotpatronen.

Also EIN Mitglied der Polizei forderte Beschränkungen und diverse Briten empörten sich über ungleiche Verhältnisse. Wo bleibt die Aussage, dass 78.457 weitere Regularien ablehnen?

munition

 

Ich könnte noch weitere Beispiele auflisten, da ich ALLE Antworten der Umfrage genauso schön grafisch aufgepeppt habe.

Hier der Link zu meiner PDF: https://katjatriebel.com/wp-content/uploads/2013/10/umfrage-ergebnisse.pdf

Hier die Ergebnisse laut Malmströms Memo und dahinter die Ergebnisse der verheimlichten EU-Umfrage.

Es ist unglaublich, wie diese EU-Kommission die Zahlen verdreht.

Firearms trafficking and related crime

  1. Most (58%) think the level of firearms-related crime will increase over the next five years while only 6% think it will decline.
    58% glauben, die Waffengewalt nimmt zu. (EU-Komission)
    87% glauben, die Waffengewalt ist in der EU kein ernstes Problem (EU-Umfrage)
  2. Around two thirds (64%) of European citizens think that the EU, working in cooperation with national authorities, is best placed to address the issue of firearms trafficking to the EU from outside the EU.
    64% glauben, die EU ist die beste Adresse, um den illegalen Handel einzudämmen (EU-Kommission)
    79% finden, die EU hat genügend innerhalb reguliert (EU-Umfrage)
  3. A large majority of people (87%) think the EU should cooperate with non-EU countries to help them control firearms.
    87% finden, die EU solle mehr mit den Drittländern zusammenarbeiten (EU-Kommission)
    44% finden, die EU solle mehr mit den Drittländern zusammenarbeiten (EU-Umfrage)
    52% finden, es gibt dafür keinen Bedarf (EU-Umfrage)

Regulating ownership and trading of firearms

  1. Around six in ten Europeans (58%) think that there should be common minimum standards across the EU concerning laws on firearms.
    58% denken, es sollte Minimumstandards in den Waffenrechten der EU-Länder geben (EU-Kommission).
    Diese Standards sind seit 1991 beschlossen und 2008 und 2012 verschärft worden.
    Über 80% lehnen weitere EU-Regeln ab (EU-Umfrage).
  2. A majority of respondents (53%) support stricter regulation of who is allowed to own, buy or sell firearms in their country, while 39% of people favour other ways to reduce the level of firearms-related crime.
    53% wollen weitere Verschärfungen (EU-Kommission)
    77% lehnen weitere EU-Regeln bzgl. Verkauf und Besitz ab (EU-Umfrage).
  3. A large majority of those who support common minimum standards at an EU level support standards specifically concerning: the types of firearms that can be sold for private use (73%); marking each firearm to identify its owner (95%); licensing the possession of firearms (88%); and how illegal trafficking in firearms is punished (86%).
    Die EU-Kommission sagtt, 77% wollen noch mehr zivile Waffen verbieten, 95% wollen Seriennummern, um die Käufer zu identifizieren (ist bereits EU-Pflicht), 88% wollen eine Lizenz zum Besitz (ist bereits für fast alle Waffen EU-Pflicht) und 86% wollen ähnliche Strafvorschriften für illegales Handeln.
    91% lehnen weitere verbotene Waffen ab (EU-Umfrage)
    82% lehnen weitere technische Sperren (wie z.B. biometrische Sperren) ab (EU-Umfrage)
    64% lehnen EU-Strafvorschriften ab (EU-Umfrage)

Und hier ist der absolute Hammer !

fakten-de

Die EU-Kommission behauptet für Deutschland, wir hätten 30,3 legale Waffen pro 100 Einwohner. Dabei wurde Deutschland seit Jahren auf 10 Millionen legale und 20 Millionen illegale Waffen geschätzt, was 12 Waffen bedeuten würde. Und zusätzlich hat die EU doch das Nationale Waffenregister verpflichtend gemacht, welches nur 5,6 Millionen legale Waffen aufzeigt, was genau 6,9 Waffen pro 100 Einwohner ausmacht.

Dann werden die horrenden Zahlen von 0,16 Tötungen und 0,91 Selbstmorde per 100.000 Einwohner angegeben. Dabei wird aber überhaupt nicht berücksichtigt, dass Morde und Selbstmorde keine Krankheiten sind, die nicht mehr vorkommen, wenn der Erreger „ausgerottet“ ist. Im Jahr 2011 wurden 52 tödliche Angriffe mit Schusswaffen von 431 insgesamt ausgeführt. Zudem haben von 10144 Selbstmördern 753 eine Schusswaffe benutzt. Diese Zahlen stammen aus der Todesursachenstatistik des Bunds. Die Polizeiliche Kriminalstatistik 2011 zeigt 2174 Straftaten gegen das Leben, davon 132 mit Schusswaffen.

Wer glaubt, dass Waffenbesitz zum Tod führt, glaubt auch Besteck macht fett.

19 Gedanken zu “EU-Umfrage: falsche Statistiken und suggestive Fragen

  1. Tja, die statistischen Tatsachen und offiziellen Umfragen gefallen Frau Malmström nicht, also erfindet sie Zahlen (oder lässt erfinden) um ihre wirren Behauptungen zu untermauern. Typisch Politiker – wenn es nicht der Realität entspricht, dann erfinden sie eben eine eigene Realität und behaupten, daß diese – und nur diese – wahr ist.

    Man sollte ihnen die Lügenmäuler zunähen. Leider kriegt man so einen EU-Kommisar nicht aus dem Amt. Wie auch? Die werden ja nicht demokratisch gewählt.

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  2. Dumm nur für Frau Malmström:
    Die Zahlen für Deutschland entsprechen weitgehend der Realität, 30Waffen auf 100 Einwohner (legal + illegal), trotz allem ist in D die Missbrauchsrate extrem gering.

    Das nur als Beispiel für die fehlende Korrelation zwischen Waffenverfügbarkeit und deren Missbrauch.
    Die Zahlen aus den anderen Ländern zeigen das auch.
    Schön „gebastelt“, die Wahrheit steht in zweiter Reihe ist aber trotzdem da.

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  3. 1.) telefonische Umfragen leine ich kategorisch ab, egal ob es sich um mein Bankinstitut,meinen Stromanbieter und schon gar wenn es sich um ein heikles Thema wie den legalen Waffenbesitz handelt. Wenn alle Bürger derartige Umfragen ablehnen würden käme ein derartiges Ergebnis erst gar nicht zustande.
    2.) ich wähle keine Partei die sich nicht klar zum Waffengesetz deklariert. Das hat sich bei der letzten NR-Wahl wieder gezeigt. leider ist der Großteil der Wähler nicht ausreichend informiert. Den meisten ist es auch egal hauptsache das Schnitzel ein bier und der Fernseher stehen auf dem Tisch. Politik ist ihnen wurscht.

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  4. Super Gegenwind aus England mit Unterstützung von Politikern aus Westminster!

    Geoffrey Clifton-Brown MP who chairs the All Party Group for Shooting and Conservation said: „As Manuel Esparrago head of political affairs at FACE made clear, the Commission are making these proposals without any evidence. This is an appalling way to legislate and is why the EU gets such a bad name in this country. The Commissioner should admit that these changes are unnecessary and quietly drop them.“

    Geoffrey Clifton-Brown MP, der die Alle-Parteien-Gruppe der Jäger und Sportschützen vertritt, sagte: „Wie Manuel Esparrago, der Leiter für politische Angelegenheiten von FACE (der europäische Jagd-Dachverband) deutlich gemacht hat, macht die Kommission diese Vorschläge ohne jeden Beweis Dies ist eine erschreckende Weise, Gesetze zu erlassen und das ist auch der Grund, warum die EU so einen schlechten Ruf in diesem Land bekommen hat. Die Kommissarin sollte zugeben, dass diese Änderungen nicht erforderlich sind und sie leise fallen lassen.

    http://www.basc.org.uk/en/media/pressreleases.cfm/prid/343B847D-0F0B-4E37-AC44A216DC5ADD99

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  5. Würde man alle Schußwaffen in Deutschland verbieten, würde es dann keine Morde mehr geben? Irgendwo habe ich mal gelesen, dass der Anteil der Schußwaffen bei Gewaltdelikten extrem klein ist und daß die meisten Morde mit anderen „Waffen“ verübt werden. Um die Mordrate zu senken, müßten sich Politiker da schon etwas anderes einfallen lassen.

    Aber eigentlich ist das sowieso schon klar. Ich bin auch zu faul, jetzt die entsprechende Statistik rauszusuchen, es gibt sie garantiert.

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  6. Schon Churchill sagte: „Ich glaube nur einer Statistik, die ich selbst gefälscht habe!“ –
    Das Problem ist hier wiederholt angesprochen worden: Viele Bürger kümmern sich nur um ihr Bier, das Schnitzel und den Fernseher! – Leider war das schon immer so! – Wenn ich die Geschichte, nicht nur die deutsche (!) so anschaue: Irgendwann kommt es dann zu einem großen Knall und der brave Bürgersmann geht wieder nach Hause, denn vgl. Bier, Schnitzel etc.
    Ach ja, die Aufklärung ist ja schon über 200 Jahre her. Sagte nicht ein E. Kant so schön: „Die Aufklärung ist der Ausgang des Menschen aus seiner selbst verschuldeten Unmündigkeit!“ – Tja, sein „Sapere aude“ – Wage (selbst) zu denken verhallt so langsam in der Geschichte! Und wohin driften wir in Deutschland, in Europa? –
    Nun gut: Die Hoffnung stirbt zuletzt! – Vielleicht gibt es ja doch noch ein Einsehen, oder?

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