Großbritannien will seine Waffen zurück

Eine Online-Umfrage des Daily Telegraph hat ergeben, dass über 80 Prozent der Briten lieber das Kurzwaffen-Verbot von 1997 aufheben möchten als eine Entscheidung zu anderen „neuen“ Gesetzen.

Zur Auswahl standen: Amtszeitbeschränkung für Ministerpräsidenten, eine Flat Tax, ein Gesetz zur „Ökologisierung“ öffentlicher Räume, steuerliche Berücksichtigung von studierenden Kindern, ein Spuck-Verbot und die Aufhebung des britischen Faustfeuerwaffen-Verbots.

Aktuell haben mehr als 20.000 Menschen abgestimmt, über 17.000 stimmten für die Aufhebung des Waffenverbots.

Die Zeitung schreibt:

Nachdem die Waffenkriminalität nach dem britischen Verbot im Jahr 1997 drastisch anstieg, sind die Waffengewaltsraten gefallen, vor allem in britischen Städten, da die Polizeikräfte in die Verfolgung von Waffenkriminalität viel investierten. Die Polizei in England und Wales registrierte im Jahr 2011/2012  5.911 Straftaten mit Schusswaffen. Das ist eine Reduktion von 42 Prozent im Vergleich zu neun Jahren nach Angaben des Office for National Statistics.

Statistiken aus den USA zeigen, dass Bürger ihre Waffen rund achtzig mal häufiger verwenden, um sich zu selbst zu verteidigen als um jemanden nach dem Leben zu trachten. Eine aktuelle Studie, die im Journal of Harvard Law & Public Policy veröffentlicht wurde, kommt zu dem Schluss, dass es international eine negative Korrelation zwischen Waffenbesitz und Gewaltkriminalität gibt, das heißt, „Länder mit hoher Waffenbesitzdichte zeigen die niedrigsten Raten von Gewaltverbrechen, während Länder mit wenigen privaten Waffenbesitzern die höchsten Gewaltraten aufweisen.“

Der Vergleich zwischen britischer und amerikanischer Statistik zeigt vielleicht nichts anderes auf, als dass die Regierung des einen Landes mehr in die Reaktion auf Kriminalität investiert, während die Regierung des anderen Lands mehr auf die Eigenverantwortung der Bürger selbst vertraut.

Was stimmt daran?

Ich finde leider keine Belege, die die absoluten Zahlen untermauern. Das britische Parlament veröffentlichte 2012 ganz andere Zahlen: Firearm crime statistics, Standard Note: SN/SG/1940, Author: Gavin Berman+

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Was stimmt, ist der starke Rückgang zum Jahr 2002. Leider vergisst der Artikel jedoch zu erwähnen, dass die Waffenkriminalität nach dem Kurzwaffen-Verbot im Jahr 1997 zunächst drastisch anstieg. Ganz im Gegensatz zu den USA, Deutschland und den anderen europäischen Ländern, die alle seit Jahrzehnten signifikante Abnahmen verzeichnen.

In Deutschland kamen 1990 die Zahlen der 17 Millionen neuen Bundesbürger der Ex-DDR hinzu. Deshalb ist der Wert in diesem Jahr erhöht. Da international Missbrauch unterschiedlich interpretiert wird, können die absoluten Werte nicht verglichen werden. Jedoch sieht man den Abwärtstrend in Deutschland ganz deutlich. Die Änderungen im Waffengesetz 1976, 2003,  2008 und 2009 zeigen keine signifikanten Änderungen im Trend.

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Ganz anders verhält sich jedoch der Trend in England & Wales. Dort stiegen die Straftaten nach dem Waffenverbot zunächst drastisch an, in dem sie sich bis 2002 erstmal verdoppelten. Der Rückgang von 42% zum Jahr 2002 bringt die Waffenkriminalitätsrate auf den Stand von 1996.

Hier stellt sich die Frage: Wo würde die britische Waffenkriminalitätsrate ohne Kurzwaffen-Verbot liegen? Auf dem Stand von 1996 oder – wie in den anderen Industrieländern – um Vieles geringer oder – entgegensetzt dem europäischen Trend- weitaus höher?

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Ich bezweifel daher stark, dass der Rückgang der Kriminalität durch die intensive Polizeiarbeit erfolgte, sondern glaube, dass der eigentliche Abwärtstrend, der durch die immense Zunahme an illegalen Waffen in England nach dem Kurzwaffen-Verbot ausgesetzt wurde, im Jahr 2002 wieder einsetzte. Diese Vermutung wird durch die folgende Studie bestärkt.

Im Jahr 2012 wurde mit Unterstützung des National Institute of Health Research (NIHR) der Schusswaffenmissbrauch in England und Wales in der Zeit von 1987 bis 2007 untersucht, der zu Verletzungen oder Tod führte.

  • Von 1987 bis 2007 gab es in England und Wales 91.232 Fälle mit starken Verletzungen, 0,53% stammten von Schusswaffen.
  • Die höchste Rate kam aus London (1,4% aller Verletzungen wurden dort mit Schusswaffen zugeführt), die niedrigste aus South East (0,23%).
  • 55% aller Feuerwaffenmissbräuche (ohne Druckluftwaffen) fanden in drei Polizeidstrikten statt: Metropolitan (Greater London), Greater Manchester und West Midlands.
  • 35% stammten aus dem Polizeidistrikt Metropolitan (Greater London).
  • Junge, urbane Männer stellen die überwiegende Mehrheit der im Krankenhaus behandelten Verletzten dar. 90% waren Opfer eines Angriffs.
  • Tötungsdelikte legten seit 2000 leicht zu und ab 2007 wieder ab. Die größte Zahl der Todesfälle mit Schusswaffen sind Selbstmorde.

Die Studie vergleicht diese Daten mit weltweite Studien, wo ebenfalls Angriffe mit Schusswaffen ein urbanes (städtisches) Phänomen darstellen, das vermutlich in Zusammenhang mit sozialer Ausgrenzung, Gangs und Drogenhandel steht, sowie der Verfügbarkeit von illegalen Waffen.

Meines Erachtens steckt viel Wahres in diesem Spruch:

“If guns are outlawed, only outlaws will have guns.“

„Wird Waffenbesitz verboten, haben nur noch Verbrecher Waffen.“

8 Gedanken zu “Großbritannien will seine Waffen zurück

  1. Gotcha!
    Zu erwähnen ist in dem Zusammenhang noch dass in GB nach dem Kurzwaffenverbot die Zählweise bei „Straftaten mit Schusswaffen“ umgestellt wurde.

    Zuvor wurde eine Straftat auch in die obige Zahl eingerechnet, wenn bei deren Begehung vom Täter eine Schusswaffe nur mitgeführt und/oder damit gedroht wurde aber nicht geschossen wurde.

    Die neue, aktuelle Zählweise bezieht nur Straftaten ein bei denen die Schusswaffe auch benutzt wird.

    Grund:
    Nach dem Verbot wollte man der Öffentlichkeit die tatsächlichen Zustände vorenthalten.

    Grüsse,
    Norbert Wagen

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  2. nicht nur in BRD werden Statisiken gezielt manipuliert. Und das schon seit Jahrzehnten, die größte Lüge ist die A.-losen Statistik.

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